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Befinden wir uns in einer KI-Blase?

Geschrieben von Stephan Meier | 12.11.2025 15:42:02

 

Am 7. November 2025 hielt einer meiner «Favoriten» unter den Finanzbloggern, Charlie Bilello, ein Webinar ab, das wirklich sehenswert ist. Bilello, bekannt für seine ausgezeichnete datengestützten Analysen, präsentierte eine Reihe von Grafiken, die den aussergewöhnlichen Aufstieg von Aktien im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zeigen. Die Botschaft hinter seinen Visualisierungen war eindrücklich: Erleben wir gerade eine neue Revolution – oder eine weitere Blase?

Was ist eine Blase?

Die Finanzgeschichte ist gespickt mit Episoden, die im Rückblick fast absurd erscheinen: die Südseeblase von 1720, der Eisenbahnboom der 1840er-Jahre, Japans Anlageexzesse der 1980er, die Dotcom-Euphorie der späten 1990er sowie die US-Immobilienblase vor der Finanzkrise von 2008. Alle haben eines gemeinsam: kollektive Euphorie, genährt von einer überzeugenden Erzählung, die das Aussergewöhnliche rational erscheinen liess – bis es das nicht mehr war.

Wie der Nobelpreisträger Eugene Fama einst bemerkte: „Blasen sind im Nachhinein leicht zu erkennen, aber schwer in Echtzeit vorherzusagen.“ Diese Erkenntnis verdeutlicht ein zentrales Dilemma: Erst wenn sich der Staub gelegt hat, können wir eine Phase mit Gewissheit als Blase bezeichnen. Im Moment selbst fühlt sie sich meist wie Fortschritt an.

Robert Shiller, ebenfalls Nobelpreisträger und Experte für Marktpsychologie, definiert eine Blase als „eine Situation, in der Nachrichten über steigende Preise die Begeisterung der Anleger anfachen, die sich durch psychologische Ansteckung verbreitet, wodurch weitere Investoren angelockt werden, die ihrerseits die Preise weiter nach oben treiben.“

Sind wir in einer Blase?

Wir erleben zweifellos eine Revolution der Künstlichen Intelligenz. Wie das Internet in den 1990er-Jahren verspricht sie, Geschäftsmodelle, Produktivität und ganze Branchen zu transformieren. Wie die Grafiken von Bilello zeigen, geht diese Begeisterung mit einem aussergewöhnlichen Anstieg der Bewertung dieser Titel einher. Eine Handvoll KI-bezogener Giganten – Nvidia, Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta – sind in der Bewertung so stark gestiegen, dass sie heute rund 36 % der gesamten Marktkapitalisierung des S&P 500 ausmachen.

Quelle: Charlie Bilello webinar «are we in a bubble”

Diese Bewertungsanstiege haben mittlerweile ebenfalls den ‘rational’ begründbaren Boden verlassen. Der Rest des Marktes wirkt im Vergleich bescheiden. Diese Konzentration wirft Fragen auf. Die meisten Aktien haben kaum an Bewertung zugelegt – es sind die KI-Aktien, die die Indices nach oben ziehen. Doch Anleger scheinen Perfektion einzupreisen. Wenn Erwartungen diese Höhe erreichen, kann jeder Rückschlag verheerend wirken.

Alles Zeichen, die auf eine Blase hindeuten. Wie aber die Definition von Blasen oben richtig bemerkt, sind diese meist erst im Nachhinein zu erkennen. Die Frage, ob wir in einer Blase sind, lässt sich also nicht abschliessend beantworten. Es gibt aber viele Anzeichen dafür.

Was (nicht) tun?

Als Anleger empfiehlt es sich, weniger darauf zu achten, die Märkte zu etikettieren, als darauf, die eigenen Risiken zu steuern. Wer in die KI-Aktien oder in Indices mit hohem Anteil investiert, sollte das Risikobudget gegenüber einem ‘klassischen Aktienengagement’ erhöhen. Statt 30% Korrektur rät es sich mit 50% und mehr zu rechnen.

Wer nicht in KI-Aktien investieren will, konzentriert Sie sich besser auf die eigenen Überzeugungen und lässt die Euphorie selbstsicher an sich vorbeiziehen. Hierbei rät sich z.B. teilweise alternative Indices (mit wenig KI-Gewicht) als Vergleichsgrössen für die Einschätzung zur Hand zu nehmen. Der KI-Boom mag platzen – oder auch nicht. Disziplin aber überdauert jede Marktphase.

Wie Charlie Bilello’s Daten zeigen, tanzen die Märkte oft im Takt des Optimismus, bis die Musik verstummt. Ob wir Zeugen des Höhepunkts eines neuen Zeitalters oder des Auftakts einer weiteren Korrektur sind, wird sich zeigen.